Eine sichere Sache:
Die neue Medizinprodukteverordnung
Die neue Medical Device Regulation – kurz MDR – soll sicherstellen, dass Patienten innerhalb der EU verlässlich mit einwandfreien Medizinprodukten wie etwa Zahnersatz versorgt werden. Der Startschuss ist bereits am 25.05.2017 gefallen. Nach einer Übergangsregelung müssen die Neuerungen nun bis zum 26.05.2021 final umgesetzt werden. So weit, so verständlich. Die Details allerdings sind deutlich komplexer. Wir erläutern, welche Änderungen sich für die Abläufe in Zahnarztpraxen und Dentallaboren ergeben.
Zeitgemäße Regelungen für grenzübergreifenden Patientenschutz
Die neue Medizinprodukteverordnung 2017/745/EU löst die Medizinprodukterichtlinie (93/42/EWG) sowie die Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte (90/385/EWG) ab. Beide galten nur für Deutschland, die Neueinführung der MDR hingegen betrifft den gesamten EU-Raum. Mit der Verordnung will der Gesetzgeber garantieren, dass Medizinprodukte in allen EU-Staaten den gleichen hohen Standard aufweisen. Ob also Hüftprothese, Brustimplantat oder eben Zahnersatz in Italien, Deutschland oder Dänemark: Die MDR sorgt für einheitliche Qualitätsstandards und dient somit dem Schutz aller Patienten.
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit – kurz BMG – fallen unter den Begriff Medizinprodukte sämtliche „Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind.“ Dazu zählen etwa Implantate, Herzschrittmacher, Kondome, Röntgengeräte, Dentalprodukte, aber auch Stoffe bzw. Zubereitungen aus diesen. Ein wesentlicher Unterschied zu Arzneimitteln ergibt sich laut BMG aus der Tatsache, dass Medizinprodukte auf physikalischem Weg auf den menschlichen Körper einwirken.
Systematisch zu mehr Sicherheit
Neue Regelungen haben immer auch neue Anforderungen im Gepäck. Betreffen sie viele Themenbereiche und sind dazu länderübergreifend, erhöht das die Komplexität zusätzlich. Deutlich wird das schon beim ersten Blick in das Dokument: Ganze 332 Seiten umfasst das offizielle „Amtsblatt der Europäischen Union“ in der deutschen Fassung inklusive Anhängen1. Nur einige der vielen Artikel jedoch betreffen Betriebe, die mit Zahnersatzprodukten umgehen.
Die wichtigsten Änderungen für Dentallabore und Zahnärzte mit eigener Fertigung ergeben sich aus dem Status, den man ihnen nach der MDR zuweist. Sie gelten nun als Hersteller sogenannter „medizinischer Sonderanfertigungen“. Die durchaus komplexen Folgen: Sie müssen sowohl ein System für Risikomanagement als auch eines für Qualitätsmanagement einführen. Für die interne Dokumentation gibt es ebenfalls striktere Vorgaben als bisher.
Auf der sicheren Seite:
Die konkrete Umsetzung der MDR in Laboren und Zahnarztpraxen
Hersteller von Zahnersatzprodukten sind ab sofort dazu verpflichtet, eine sogenannte Chargendokumentation zu implementieren. Das bedeutet, dass alle Materialien, die im Mund des Patienten verbleiben, mit einer Chargennummer des Herstellers versehen sein müssen. Die Kennzeichnungspflicht gilt selbst für Zahnarztpraxen, die lediglich Schienen im hauseigenen Labor herstellen. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass jedes Zahnersatzprodukt lückenlos zurückverfolgt werden kann. Weitere Änderungen betreffen die Verantwortlichkeiten, die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten sowie die Produktzertifizierung.
MDR-konform sind Praxen und Labore dann, wenn sie die folgenden Maßnahmen umgesetzt haben:
- Einführung eines Systems zum Risikomanagement
- Einführung eines Systems zur Erfassung von Vorkommnissen sowie zur Produktbeobachtung
- Ernennung einer „für die Einhaltung der Regulierungspflichten verantwortlichen Person“ nach Artikel 15 MDR
- Ausgestaltung einer angepassten Konformitätserklärung
- Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Chargen
Neu für Zahnarztpraxen:
Auftragszettel mit geänderten Anforderungen
Mit der Einführung der MDR ändern sich auch zentrale Aspekte im Schnittstellenmanagement von Praxis und Dentallabor. Für die Auftragsbearbeitung benötigt das Labor ab dem 26.05.2021 einen detailliert ausgefüllten Laborauftragszettel. Dieser muss ab sofort bestimmte Angaben zwingend enthalten. In vielen Fällen lässt sich der Prozess mit etwas Know-how über die schon in der Praxis vorhandene Software abbilden. Ihr Dentallabor hat im Idealfall bereits eine Lösung für diese Änderung in der Auftragskommunikation entwickelt.
Fazit:
Die neue MDR ist ein grenzübergreifendes Verbraucherschutzgesetz. Sie sorgt dafür, dass Patienten sich EU-weit auf den gleichen hohen Standard bei Medizinprodukten, wie etwa Zahnersatz, verlassen können. Von herstellenden Praxen und Dentallaboren erfordert die Verordnung einige Umstellungen. Sie gelten nun als Hersteller medizinischer Sonderanfertigungen und sind deshalb verpflichtet, bestimmte interne Prozesse zu systematisieren.
1 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2017:117:FULL&from=DE
Sie haben Fragen zur Umsetzung der neuen MDR in Ihrer Zahnarztpraxis? Sprechen Sie uns gern an. Auch zum Umgang mit dem neuen Laborauftragszettel können wir Ihnen detailliert Auskunft geben.